Die Sintflut.
Des
Nachts herum zu streifen,
ist sehr angenehm
und beruhigend. Allerdings muss ich nicht mitten in der Nacht
herumgeistern um dieses Gefühl zu haben, denn spätestens ab 17 Uhr
ist es hier stockfinster und es ergibt sich eine ähnliche Szenerie.
Außerdem findet man Orte die im Dunkeln anders und viel schöner
aussehen, als bei Licht.
So dachte sich das
der Künstler der Ausstellung bei der ich war vermutlich auch, denn
die komplette zweite Etage war nur von Kerzenschein erhellt und die
Bilder entwickelten so eine ganz andere Bedeutung und Eindrücke. In
der Ausstellung ging es vor allem um Flüchtlinge und so waren auch
eine Menge der Ausstellungsstücke von Flüchtlingen gezeichnet.
Leider gab es dieses Mal keine leckeres Essen…
Tatsächlich habe
ich aber endlich meine mazedonische ID – Karte bekommen und dieses
Mal ganz ohne Verzögerungen oder Nachgehake. Ich weiß zwar noch
nicht ganz genau warum ich diese brauche, aber offensichtlich scheint
sie wichtig zu sein. Vielleicht brauche ich sie ja um ohne Probleme
ausreisen und in Deutschland einreisen zu dürfen, wer weiß.
Ich habe mich jetzt
durch ein paar verwirrende Umstände nämlich dazu entschieden jetzt
doch über Weihnachten nach Hause zu fahren. Nur ganz kurz, aber
Weihnachten ist nun mal Weihnachten und das Fest der Familie. Da
wollte ich nicht alleine sein. Es wurde einfach realistischer, je
näher es kam und das hatte irgendwie eine traurige Wirkung. Und da
die Mazedonier Weihnachten nicht am 24. Dezember feiern, hatte keiner
diese Weihnachtsstimmung, die ich hier wirklich sehr vermisse.
Seltsam was einem
alles so auffällt, wenn man es zum ersten Mal nicht hat und was für
einen früher eher unwichtig war, ist auf einmal ein Gegenstand jedes
Gedanken.
Sehr poetisch, jeder
Dichter und Philosoph berichtet davon und es wird einem überall
beschrieben und ich bin trotzdem verwundert, dass genau diese Gefühle
einsetzten.
Zurück zum
eigentlichen Bericht. Am Donnerstag war ich beim Girls Club. (lustig,
denn sie machen auch gemischte Treffen) Es ist eine Gruppe von
hauptsächlich amerikanischen Freiwilligen, die sich einmal
wöchentlich (wenn nicht mazedonische Angewohnheiten des Chaos
durchschlagen) treffen und über bestimmte, ausgewählte Themen
diskutieren, oder (so wie wir es gemacht haben) einfach ein paar
coole Spiele spielen. Alles natürlich auf englisch und damit eine
tolle Übung.
Ich liebe es wenn
ich englisch von Muttersprachlern höre, es klingt einfach so ganz
anders und meist haben sie wie eine Art Dialekt, den ich einfach nur
großartig finde. Das Spiel, was wir gespielt haben war sehr
spannend, es gibt zwei Arten von Karten einmal Substantive und einmal
Adjektive. Jeder Spieler hat 6 Substantivkarten, die er keinem zeigen
darf.
Es gibt in jeder Runde einen Richter, der sich mit jeder neuen Runde ändert. Der
Richter deckt eine Adjektivkarte auf und sagt sie den anderen
Spielern. Diese müssen dann von ihren Substantivkarten eine
auswählen, die am besten passt, oder wenn man es lustig machen will,
eben gar nicht passt. Die Karten werden verdeckt dem Richter gegeben,
dieser deckt sie dann auf und er entscheidet welche die beste Karte
ist.
Das heißt
eigentlich sollte man sich vorher überlegen, wie der Richter so
drauf ist, denn wem (glaubt mir an dieser Stelle habe ich lange überlegt, wie es im Genitiv heißen würde...) die Gewinnerkarte gehört, der bekommt die
Adjektivkarte und das Ziel ist es so viele wie möglich davon zu
bekommen. Nachdem die Gewinnerkarte nominiert wurde wechselt der
Richter und es geht eine neue Runde los.
Beispielsweise legt
einer die Adjektivkarte „faul“, jetzt muss jeder dazu ein
Substantiv legen, diese könnten z.B. sein: die 1980er Jahre, mein
Gehirn, Sportlehrer, Milch, Gangmitglieder, ein Feuerwerk usw…
Der Richter der
Runde entscheidet welche Antwort er am besten findet und der Gewinner
bekommt die Adjektivkarte „faul“. Am Ende des Spiels wird
nachgesehen wer welche Adjektivkarten hat und die werden einem dann
zugeordnet. Wenn ich also „faul“, „gerissen“, „mächtig“
und „mutig“ bekommen habe werden mir diese Adjektive
zugeschrieben. Das war ziemlich lustig, denn manche Adjektiv
Kombinationen ergeben überhaupt keinen Sinn oder passen ganz und gar
nicht. Manchmal passen sie aber auch einfach zu gut.
Nach dem Girls Club
waren Ida und ich noch mit Noah und Luise, die aus Tearce angereist
waren, in einem Café etwas essen und einen frisch gepressten Saft
trinken. Es war ziemlich cool, dass wir alle mal wieder zusammen was
gemacht haben, denn Noah habe ich seit unserer Sprachkursabreise
nicht mehr gesehen. Der Tag endete dann blöderweise aber in einer
Sturmflut, die die Straßen überschwemmte und dann auch noch für
den Ausfall aller Busse sorgte, was mich schlussendlich in Tetovo sitzen
bleiben ließ.
Ein bisschen
bedröppelt, musste ich dann den gesamten Weg von der Bushaltestelle
zurück und glücklicherweise hat Ida mich dann bei sich aufgenommen,
damit ich nicht unter der Brücke im Schlaf vom übertretenden Fluss
noch weggeschwemmt werde.
Komplett durchnässt
und ohne Wechselsachen mussten wir erst mal was zum Anziehen aus Idas
Kleiderschrank auftreiben und meine Sachen wurden vor den einzigen
Heizer gepackt, den es in der Wohnung gibt. Gegen 22 Uhr haben wir
dann angefangen zu kochen und dann auch noch eine sehr sehr sehr
SCHARFE Paprika in die Sauce gehauen. Das hat leider nicht wirklich
etwas verbessert, also mussten wir eine zweite aufsetzten.
Schlussendlich hat es gut geschmeckt und wir hatten mitten in der
Nacht eine Menge Spaß.
Der nächste Morgen
kam viel zu schnell und da Ida erst um 12 auf Arbeit sein muss, war
meine Lust aufzustehen noch geringer als sonst. Komplett im Keller,
eigentlich schon unterirdisch…
Die Busabreise
gestaltete sich dann auch noch schwieriger als erwartet, denn das
Ticket, welches ich bekomme passt nicht zu dem Bus den ich brauche.
Das heißt, ich muss
erst mal noch dafür sorgen, dass ich ein richtiges Ticket bekomme
und dann endlich fahre ich zurück nach Skopje. Schließlich muss ich
ja auch noch arbeiten, denn die Romakinder sind Freitags immer da.
Und ich bin dieses Mal zusätzlich auch noch alleine, denn es gibt
keinen Freiwilligen, der mir hilft…
Ab und zu schaut
zwar mal ein Megjashi Mitarbeiter herein, aber erst als Gordana
selbst zu mir kommt, schaffen wir ein bisschen Ordnung. Mein Fazit:
eine Aufsichtsperson für 15 Kinder ist definitiv nicht ausreichend!
Die kleinste und
jüngste von allen Kindern hat irgendwie einen Narren an mir
gefressen und ist immer in meiner Nähe. Davon ist sie auch nicht
abzubringen, durch absolut nichts und so ist sie auch schnell die
erste nach der ich sehe, wenn ich den Raum betrete und diejenige, die
ich am meisten verteidige, wenn es um das Austeilen von gespendeten
Sachen und Schuhen geht.
Denn sie ist sehr
sehr leise und sagt nicht viel, von Durchsetzungsvermögen mal ganz
zu schweigen. Aber niedlich ist sie einfach irgendwie. :)
„Wenn
mitten im Leid die Not gewendet
das
Dunkel des Todes durch Licht beendet
ein
Kind wichtiger als alles ist
und
du ganz du selber bist
dann
fängt Weihnachten an.“
-Herrmann
Josef Frisch
Regen über Regen...
Die Kunstausstellung mit Kerzenlicht.
Hab mit Thomas telephoniert und genau beim Auflegen ist der Raumplan herunter gefallen.
Das finde ich echt cool!
Und das hier ist mein Lieblingsbild.
Ein bisschen weihnachtlich wird auch hier geschmückt.Ich liebe diese Geschichte.
LunaRabe
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